Header_Aus dem Rahmen fallend1

Tagung - Aus dem Rahmen fallend

Impulse für die Psychotherapie und Beratung mit Geflüchteten

Förderer

Wir freuen uns mit Ihnen im Rahmen unserer Tagung das pandemiebedingt verspätete 35jährige Jubiläum des CTZ, in Kooperation mit dem PSZ Düsseldorf und der MFH Bochum, zu feiern.

Rosa Minimalistisch Freundlichkeit Zitat Instagram-Beitrag (3)

Warum „Aus dem Rahmen fallend“? Seit nunmehr 38 Jahren begegnen wir im CTZ Menschen, die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen in Deutschland Schutz suchen und unter Traumafolgestörungen leiden. Der Bedarf an Psychotherapie und Beratung ist groß. In unserer Arbeit sind wir immer wieder mit Fragen zu den Rahmungen befasst, dem Notwendigen, den Möglichkeiten und den Begrenzungen: dem Ausmaß erforderlicher psychosozialer Hilfen, der Belastung und Ohnmacht, der unsicheren Perspektive und vielem mehr.

Die Frage ist auch, ob nicht die Geflüchteten diejenigen sind, die aus dem Rahmen fallen, sondern vielmehr die Aufnahmegesellschaften, die einer weltweit zunehmenden Fluchtbewegung mit immer restriktiveren Gesetzgebungen und Rahmenbedingungen begegnen.

Das Programm

Die Referent*innen & Moderator*innen

Programm CTZ

Die Workshops

Prof. Dr. med. Luise Reddemann

Die psychodynamisch imaginative Traumatherapie, PITT, wurde konzipiert für die Behandlung von komplex traumatisierten Patientinnen und Patienten. Sie orientiert sich am 3-Phasenmodell nach Pierre Janet, „Stabilisierung, Traumabearbeitung, sowie Integration und Neubeginn“. Im Workshop wird das Modell erläutert: Es geht vor allem um eine Würde- und Mitgefühlorientierte, die Autonomie der Betroffenen respektierende Arbeit.

Knut Rauchfuss & Bianca Schmolze

Überlebende schwerer Menschenrechtsverletzungen, wie z. B. Folter oder Kriegsverbrechen, können in psychosozialen Zentren therapeutische Unterstützung erwarten, die ihnen individuell helfen soll, mit den seelischen Folgen traumatischer Erlebnisse umzugehen. "Psychosozial" wird dabei oftmals vorrangig als interdisziplinäre Zusammenarbeit von Sozial- und Therapieberufen verstanden.

Doch wie wird "psychosozial" in anderen Ländern interpretiert? Welche Bedeutung hat die soziale Komponente des Erlittenen für die Stabilisierung in sozialpolitischen Traumatisierungsprozessen über die Kooperation zweier Berufsgruppen hinaus? Auf welche Weise kann die aktive menschenrechtliche Unterstützung der Klient:innen zusätzlich zu deren Stabilisierung beitragen? Welche Erfahrungen aus anderen Ländern existieren über die Bedeutung des Kampfes gegen die Straflosigkeit der Täter:innen für die Überlebenden? Welche Rolle können Gesundheits- und Sozialberufe dazu beitragen? Diesen Fragen wollen wir uns gemeinsam in diesem Workshop widmen.

Wiltrud Brächter, Marcus Böhmer & Hannah Plum

In diesem Workshop möchten wir ihnen anhand von Fallbeispielen einen Eindruck vom Nutzen und Wirkmechanismen von Sandspieltherapie-Gruppen in einer Kölner Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete vermitteln. Ähnlich dem Konzept der „Expressiven Sandarbeit“ sitzen wir den Kindern als Erwachsene gegenüber, verfolgen anteilnehmend den Gestaltungsprozess, registrieren und rahmen überschießende Emotionen. Wie bei der narrativen Arbeit mit Gruppensandbildern regen wir jedoch zum Erzählen über die Sandbilder an und fordern dazu auf, Fragen zu stellen und Wünsche für die Figuren zu formulieren, um auf diese Weise die Bilder in Bewegung zu bringen. Das innere Erleben kann so platziert, gesehen, organisiert, reorganisiert, rekonstruiert und dekonstruiert werden. Es besteht Raum für Fragen, Austausch und Diskussion.

Dr. Esther Mujawayo-Keiner

In the Transgenerational Trauma workshop, we will see how traumatic experiences, if they are not dealt with, can have terrible consequences not only on the survivors of those experiences, but also to the coming generations  (children, grandchildren etc...) who have not gone through those traumatic experiences. Often the horror, shame, taboos and stigmatisation surounding the traumatising events make it difficult to communicate it, but even without open communication, we pass it to the next generations. 

Idàn Sagiv Richter & Antonina Reiners

In diesem Workshop möchten wir mit Ihnen die Lebensrealitäten von queeren Geflüchteten in den Blick nehmen. Fast alle LSBT*I*Q Klient:innen berichten, dass sie Mehrfachdiskriminierung und Gewalt erlebt haben, sowohl in ihrem Herkunftsland, auf der Flucht als auch seitdem sie in Deutschland angekommen sind. Besonders häufig erleben sie Diskriminierung und Gewalt in den Unterkünften für Geflüchtete. Rassismus und Queerfeindlichkeit sind alltäglich. Wie können psychosoziale Beratungsangebote, traumazentrierte Fachberatung und Psychotherapie queersensibel gestaltet werden und die Erfahrungen und Themen unserer Klient:innen berücksichtigen.

Mahmoud Hemmo

Problem Management Plus (PM+) bietet zukunftsweisende Lösungen für die psychologische Versorgung von Geflüchteten in Deutschland. Der Workshop führt in die niederschwellige psychologische Intervention “Problem Management Plus (PM+)” ein, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt wurde und inzwischen in vielen Ländern fest etabliert ist sowie von führenden Forschungseinrichtungen untersucht und weiterentwickelt wurde. Die PM+-Intervention ist transdiagnostisch, sie bezieht sich also nicht auf ein spezifisches psychisches Problem, sondern ist nachgewiesenermaßen bei diversen Problemen wirksam. Mit dem Einsatz von Laienhelfer*innen zielt PM+ in 5 Sitzungen (zu je 90 min.) darauf ab, Angst-, Stress- und depressive Symptome zu reduzieren und dabei zu helfen, praktische Alltagsprobleme besser bewältigen zu können. PM+ basiert auf Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie und der psychologischen Gesprächsführung. Während der PM+-Behandlung werden folgende Strategien vermittelt: Problembewältigungsstrategien, Mobilisierung sozialer Unterstützung, Verhaltensaktivierung und eine Atemübung zur Stressbewältigung.

Dipl. Psychologe, Systemischer Familientherapeut, Psychoanalytisch Systemischer Kinder- und Jugendlichentherapeut und Traumatherapeut im CTZ Köln

Diplom-Pädagogin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Systemische Therapeutin (SG), Psychoanalytisch-systemische Therapeutin (APF), Akkreditierte Supervisorin im Verfahren Systemische Therapie mit Kindern und Jugendlichen

Psychologe M.Sc., Universität Zürich, arbeitet in seiner Funktion als Global Mental Health Advisor, Psychotherapeut und Psychoanalytiker eng mit einer Vielzahl internationaler Organisationen wie der WHO, UNHCR, UNICEF, dem UniversitätsSpital Zürich, der Universität Sydney, mit Fokus auf Europa und Naher Osten, zusammen

Psychiaterin und Professorin für Klinische Psychologie an der Harvard Medical School. Leitung eines Programms über Opfer von Gewalttaten am Cambridge Hospital in Cambridge (Massachusetts). Autorin, unter anderem „Die Narben der Gewalt“, ein frühes Standardwerk der Psychotraumatologie. Konzeption der komplexen PTBS mit Bessel van der Kolk

MNTCW, BSW, Faculty of Dulwich Centre, Faculty & Board of Re-authoring Teaching, Honorary clinical fellow of the School of Social Work, University of Melbourne, Member of the International Advisory Committee of the Latin American Journal of Clinical Social Work. Sie arbeitet seit 2004 als narrative Therapeutin, Supervisorin und Dozentin. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind familiäre und staatliche Gewalt, Vertreibung und Therapie mit Geflüchteten. Poh Lin Lee lebt jetzt in Kanada und arbeitet mit einer Filmemacherin, um narrative Praxis in einem Dokumentarfilm zu zeigen. 

Sozialarbeiterin und Soziologin (M.Sc.), Traumatherapeutin, Autorin, stellvertretende Landesvertreterin bei OXFAM UK im Entwicklungsprogramm Ruanda, Burundi und Ostkongo. Nach dem Genozid in Ruanda gründete sie mit anderen Witwen die Selbsthilfegruppe AVEGA (Association des Veuves du Genocide d'Avril). Seit 2001 im PSZ Düsseldorf als Psychotherapeutin. Preise für ihre Aktivitäten sind das Bundesverdienstkreuz des deutschen Bundespräsidenten, den Women Social Award in Wien und den UN Watch Award.

Diplom-Psychologe, Leiter der Forschungsabteilung am Zentrum ÜBERLEBEN, Berlin, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universitätsmedizin Leipzig; Leiter des Forschungsbereichs „Psychotraumatologie und Migrationsforschung“.

Dipl. Heilpädagogin, Systemische Therapeutin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin im CTZ Köln

Arzt und Journalist, war mehrere Jahre in Lateinamerika und im Mittleren Osten tätig und arbeitet seit der Gründung 1997 für die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum als geschäftsführender Vorstand. Neben zahlreichen Publikationen zur vergangenheitspolitischen Aufarbeitung schwerer Menschenrechtsverletzungen veröffentlichte er u. a. mit Bianca Schmolze das Buch "Kein Vergeben, kein Vergessen: Der internationale Kampf gegen Straflosigkeit".

Nervenärztin und Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytikerin. Bis Ende 2003 Leitung der Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin des Ev. Johannes-Krankenhauses in Bielefeld; Lehranalytikerin der DPG und DGPT; seit 2007 Honorarprofessorin für Psychotraumatologie und psychologische Medizin an der Universität Klagenfurt.

Sozialpädagogin (B.A.), International Social Work with Refugees and Migrants M.A., traumazentrierte Fachberatung, verantwortet das Projekt CAYA (Come as you are – Psychosocial Support for Queer Refugees) im CTZ.

Sozialpädagoge, psychosozialer Berater, Life-Coach, Bildungstrainer und Vielfalt-Aktivist. Als Mitbegründer von Diversity Factory, bildet er Unternehmen und Einrichtungen zum Themenfeld Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion am Arbeitsplatz und unterstützt sie dabei, ihre Diversity-Strategie zu entwickeln. 2021-2023 Koordination des Kooperationsprojektes CAYA (Come as you are. Psychosocial Support for Queer Refugees) zwischen dem LSBT*I*Q+ Beratungszentrum rubicon e.V. und dem CTZ.

Dipl.-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin und Traumatherapeutin, Klinische Tätigkeit und Psychotherapie in eigener Praxis, Forschung und Lehre an der Universität zu Köln und im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Psychosoziales Krisenmanagement, seit 2019 Leitung des Caritas Therapiezentrums für Menschen nach Folter und Flucht in Köln (CTZ).

Menschenrechtsreferentin der MFH Bochum, mehrere Jahre Mitglied im Beirat des International Rehabilitation Council for Torture Victims (IRCT). Unter dem Titel "Gerechtigkeit heilt" koordiniert sie die internationalen Aktivitäten der MFH im Kampf gegen die Straflosigkeit schwerer Menschenrechtsverletzungen. Neben anderen Veröffentlichungen berichtete sie als Co-Autorin des Buches "Tatort Kongo - Prozess in Deutschland. Die Verbrechen der ruandischen Miliz FDLR und der Versuch einer juristischen Aufarbeitung" ihre Eindrücke als Prozessbeobachterin.

Dipl.-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, arbeitet seit mehr als 25 Jahren im Psychosozialen Zentrum für Geflüchtete Düsseldorf e.V., Leitung Psychotherapie. Sie ist Mitbegründerin des Dachverbandes für transkulturelle Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im deutschsprachigen Raum DTPPPe.V., veröffentlichte mit die Standards zur Begutachtung psychotraumatisierter Menschen SBPM (Curriculum der Bundesärztekammer) und ist Präsidiumsbeauftragte für Menschenrechtsfragen des BDP e.V. 

Diplom-Sozialpädagogin, Promotion zu „Kindersoldat:innen als Geflüchtete in Deutschland – eine Studie zur sequentiellen Traumatisierung“. Systemische Therapeutin (DGSF) und Supervisorin (SG), Traumatherapeutin und Psychodramatherapeutin. 2003 bis 2022 angestellt im PSZ Düsseldorf e.V., außerdem Forschungs-, Lehr- und Supervisionstätigkeit sowie Veröffentlichungen mit den Schwerpunkten Trauma und Flucht sowie Selbstfürsorge. Seit 2022 freiberufliche Supervisorin und Dozentin.

Wir verzeichnen in vielen Ländern ...

 – auch in Deutschland - eine gesellschaftspolitische Entwicklung, in der Populismus die Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen ist. Verbindend ist dabei die Feindlichkeit gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden als den unerwünschten Anderen mit propagierter Gefahr für Identität und Gemeinwesen. Dem müssen wir dringend entgegentreten. Seyla Benhabib fordert dementsprechend auch „..Bewegungen, die (…) sich von der Vision einer differenzierten, nicht-identitären Menschheit leiten lassen, für die der Unterschied zwischen Selbst und Anderem Quelle kreativer Spannung und Kampf zugleich ist.“ (Seyla Benhabib (2022). Die Kraft einer globalen Demokratie. Vortrag am 01.10.2022 in der Frankfurter Paulskirche)